Veröffentlichung: NÖDIS, Nr. 10/August 2016

 

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in der Vergangenheit bereits mehrere Entscheidungen getroffen, die konkrete Auswirkungen auf die Entgeltfortzahlung von Arbeitern haben. Zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit eines Arbeiters mit Beginn des neuen Arbeits- bzw. Kalenderjahres ein neuerlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) in voller Höhe entsteht, ist grundsätzlich zwischen bestimmten Arten des Krankenstandes zu unterscheiden.

Krankheit oder Unglücksfall

Bei ununterbrochen fortdauernder krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung entsteht mit Beginn eines neuen Arbeits- bzw. Kalenderjahres ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch (Jahreskontingent). Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Anspruch zuvor bereits ausgeschöpft hat und nur noch halbes oder gar kein Entgelt mehr erhielt (vgl. OGH 28.1.1999, 8 ObA 163/98y). Ein im alten Jahr entstandener, noch nicht verbrauchter Anspruch auf Entgeltfortzahlung verfällt.

Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Bei durchgehender Arbeitsverhinderung wegen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit beträgt die Dauer der anlassfallbezogenen Entgeltfortzahlung höchstens acht bzw. (bei einem bereits über 15 Jahre bestehenden Dienstverhältnis) zehn Wochen. Im Gegensatz zur krankheits- oder unglücksfallbedingten Arbeitsverhinderung entsteht mit Beginn des neuen Arbeits- bzw. Kalenderjahres kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG (vgl. OGH 14.10.2008, 8 ObA 44/08s).

Kündigung im Krankenstand

Wird der Arbeitnehmer während einer Arbeitsverhinderung gemäß § 2 EFZG gekündigt, ohne wichtigen Grund vorzeitig entlassen oder trifft den Arbeitgeber ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers, so bleibt gemäß § 5 EFZG der Entgeltfortzahlungsanspruch für die nach diesem Bundesgesetz vorgesehene Dauer bestehen, auch wenn das Arbeitsverhältnis früher endet. Diese Regelung soll verhindern, dass sich der Arbeitgeber von der Entgeltfortzahlungspflicht an den Arbeitnehmer dadurch befreit, dass er während der Arbeitsverhinderung das Dienstverhältnis durch Kündigung oder ungerechtfertigte Entlassung löst. Der Entgeltfortzahlungsanspruch soll so auch über das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses hinaus gesichert werden (OGH 22.10.2010, 9 ObA 36/10z).

Endet das Dienstverhältnis arbeitsrechtlich vor Beginn eines neuen Arbeits- bzw. Kalenderjahres, entsteht ab dem neuen “fiktiven” Jahr kein neuerlicher Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG.

Autor: Mag. Wolfgang Böhm/NÖGKK